Ein Zeugwart, der mehr ist als Mädchen für alles
Am 13. Januar 2022 feiert FCK-Zeugwart Wolfgang Wittich seinen 65. Geburtstag
13.01.2022
Sie gehören unverzichtbar dazu, die Männer und Frauen, die sich im Sport vorrangig um alles kümmern was mit der textilen Ausstattung und der Verpflegung von Athletinnen und Athleten zu tun hat. Gemeint sind die Zeugwarte. Natürlich kümmert sich auch bei den Profis am Betzenberg jemand um all das, was während der Woche unter anderem von der Kategorie schmutzig wieder zu sauber und rein verwandelt werden muss. Gemeint ist Wolfgang Wittich, FCK-Zeugwart seit mehr als 30 Jahren, bei den Profis offiziell seit 1999. Mit seinem FCK hat er viel erlebt. Höhen und Tiefen, Himmel und Hölle. Rund um den FCK nennen ihn alle nur liebevoll „Wolle“. Ausdruck dafür, dass der Zeugwart der Roten Teufel für viele weit mehr ist als nur das „Mädchen für alles“. Am heutigen 13. Januar 2022 wird Wolfgang Wittich 65 Jahre alt.
Geboren wurde Wolle Wittich in Kaiserslautern, wo er auch heute noch wohnt. Nach der Schule schloss er eine kaufmännische Lehre ab und verdiente seine Brötchen lange Zeit erst einmal als Groß- und Einzelhandelskaufmann. Unter anderem bei der Firma Getränke Koch GmbH. Aber auch das runde Leder hatte es ihm bereits früh angetan, so wie das früher vor allem bei den Jungs eben üblich war. Gekickt hat er dabei nicht nur auf dem Bolzplatz, sondern eben auch in Vereinen. Unter anderem beim VfR Kaiserslautern. Die „linke Klebe vom VfR“, wie er sich und seine damaligen spielerischen Qualitäten skizziert. Mit einem leisen Unterton von Selbstironie aber eben auch mit einem gewissen Stolz. Später ging es dann zum SV Wiesenthalerhof, seinem damaligen Wohnort-Verein. Dort lernte übrigens auch Söhnchen Patrick das Kicken. Im Gegensatz zum Herrn Papa hat der zumindest in jungen Jahren den Sprung geschafft, hinüber auf den Betzenberg, zu den Roten Teufeln. Zunächst zum Nachwuchs, dann von 2003 bis 2005 mit Profivertrag in der Tasche. Zum Durchbruch hat es dort nie gereicht. Auch weil Verletzungen dem Filius des Zeugwarts unbarmherzig eine aussichtsreichere Karriere verhagelten und er mit schon 22 jahren den Traum vom Fußballprofi an den Nagel hängen musste.
Zur Rolle des Zeugwarts fand Wolle Wittich schon beim SV Wiesenthalerhof. Irgendwer musste den Job ja machen und sich um die Trikotage der Kicker kümmern. Wenn es irgendwo was anzupacken gab und gibt, gehörte und gehört Wolle Wittich zu jenen, die nicht lange fragen oder fackeln. Er macht einfach. Das hat er auch, als sich die Möglichkeit bot im Jugendbereich die Rolle der ordnenden Hand rund um Schuhwerk und Leibchen der Nachwuchskicker vom Betzenberg zu übernehmen. Zu der Zeit als der Filius als E-Jugendlicher zum FCK-Nachwuchs wechselte. So wuchs er in einen Aufgabenbereich hinein, mit dem er später in weit professionellerer Form seine Brötchen verdienen sollte. Ein Beruf, der zur Berufung wurde und umgekehrt und das alles bis heute. Dass er bei der Profimannschaft des 1. FC Kaiserslautern seine Chance bekommen sollte, war dann eher dem Zufall geschuldet. Als sein Vorgänger Fritz Krauß in den 1990er Jahren unter Otto Rehhagel immer mal wieder krankheitsbedingt ausfiel, sprang Wolfgang Wittich in die Bresche und half aus wo er konnte. Seine Zuverlässigkeit, seine akribische Detailverliebtheit, sein Ehrgeiz und sein Fleiß überzeugten die Verantwortlichen. So wurde Wolle Wittich ab Sommer 1999 beim FCK fest als Zeugwart angestellt.
Seither ist er ununterbrochen als Zeugwart für den FCK tätig, hat in der Zeit 27 Trainer kommen und gehen sehen. Marco Antwerpen ist Nummer 28. Tagein und tagaus kümmert sich Wolle Wittich bei den Profis in der Trainingswoche und am Spieltag um alles rund um Kleidung und Spielutensilien. Halt um all das, was notwendig ist, damit die Spieler beim FCK so wenig wie möglich abgelenkt werden und den Kopf für das Fußballspielen frei haben. Sein Arbeitstag ist lang, beginnt schon lange bevor die Spieler den Rasen betreten. Vor allem am Spieltag. Es gilt die Shirts zum Warmlaufen, die Fußballschuhe und alle Spielutensilien bereitzulegen. Während das Team sich aufwärmt, richtet Wolle die Kabine wieder her, stellt Erfrischungsgetränke und Obst bereit und hängt die Trikots der Spieler an ihren richtigen Platz. Von einer Partie am Spieltag bekommt auch Wolle Wittich meist nur wenig mit. Schon kurz nach Anpfiff gilt es Vorbereitungen für die Halbzeitpause zu treffen. Für genügend Handtücher sorgen, sich um Schuhwerk kümmern, falls ein Spieler die wechseln möchte, genügend Getränke und einen frischen Trikotsatz für alle Spieler. Auch während eine zweite Halbzeit läuft stehen Vorbereitungen an. Kleidung bereitlegen, die zum Auslaufen benötigt wird, ausreichend Eis zum Kühlen von Blessuren bereithalten und ganz zum Schluss natürlich alles zusammenpacken und verstauen. Später steht natürlich noch an, die Wäsche zu waschen und den nächsten Tag vorbereiten. Da kommt vor allem am Spieltag schnell mal eben ein 12-Stunden-Tag zustande und auch unter der Trainingswoche ist Wolle Wittich häufig morgens der erste und abends der letzte, der noch arbeitet. Abgesehen vom Trainerteam vielleicht.
Doch seine Arbeit umfasst mehr als nur dreckige Wäsche waschen und saubere Trikots bereitlegen. Ein Zeugwart ist im Team immer auch irgendwie Ersatzmama und Seelsorger. Auch Wolle Wittich ist nicht selten der erste, der von den Problemen einzelner Spieler hört oder vom einen oder anderen ein Anliegen vorgetragen bekommt, das nicht sofort mit dem Trainer besprochen werden muss, soll oder kann. Das trifft besonders auf Extrawünsche zu. Die aber auch nicht immer erfüllt werden. Überzogene Extravaganzen mag Wolle Wittich gar nicht. Auch nicht wenn sie vom Trainer angeordnet würden. Zumindest scheut er nicht davor seinen Unmut auch mal kundzutun, selbst wenn er diesen nur missmutig vor sich hin brummelt. Ein echter „Pälzer Knodderer“ eben. Einer der sein Herz auf der Zunge trägt, dies aber auch stets am rechten Fleck schlägt. Vor allem wenn es um seinen 1. FC Kaiserslautern geht. Für einen wie Wolle Wittich war und ist das nicht immer einfach, das Spannungsfeld zwischen loyalem Arbeitnehmer auf der einen Seite und der emotionalen Fan-Seele auf der anderen Seite ausgewogen auszutarieren. Die Unruhe rund um seinen langjährigen, engen Freund und Vertrauten Gerry Ehrmann hat ihn schon sehr mitgenommen. Doch der von beiden Seiten kürzlich vollzogene Schlussstrich unter die Angelegenheit und die Würdigung des Lebenswerkes der Torhüter- und Trainerlegende hat auch ihn wieder versöhnt.
Doch auch in Zeiten wenn Wolle viele Gründe gehabt hätte zu „knoddre“, man konnte und kann sich stets auf ihn verlassen. In allen Belangen. Ein Charakterzug, den zahlreiche Akteure deren Wege sich mit dem seinen gekreuzt haben, bis heute an ihm schätzen und die auch wissen, dass ein Zeugwart ohnehin ein ganz wichtiger Baustein im Gesamtgefüge eines Fußballteams darstellt. Das hat auch die ehemalige FCK-Legende Andi Brehme bei einem Telefonat bestätigt. „Ohne Zeugwart wäre Fußball wie wir ihn kennen nicht möglich“, hebt der einstige FCK-Profi, Weltmeister von 1990 und spätere FCK-Trainer die Rolle und das Aufgabenspektrum eines Zeugwarts anerkennend hervor, um mit Blick auf Wolle Wittich gleich noch einen draufzusetzen: „Ein super Typ. Der Wolle war schon damals nicht nur Mädchen für alles, er war auch die gute Seele für Mannschaft und Stab.“ Wenn mal schlechte Stimmung geherrscht habe, sei es auch Wolle Wittich gewesen, der entweder die Truppe oder einzelne Akteure mit seinem trockenen Humor aus einer emotionalen Schieflage herausgeführt habe. Selbst wenn es nur für einen Moment war.
Bis zum Ende dieser Spielzeit will Wolle Wittich noch für seinen FCK da sein, will seine „Buwe“, wie er die Spieler häufig bezeichnet, noch betreuen. Doch dann ist endgültig Schluss. Auch weil eine Stimmbanderkrankung ihm in den letzten Jahren zunehmend zu schaffen machte. Selbst wenn es ihm mittlerweile gesundheitlich wieder besser geht, mit der Familie hat er die Entscheidung getroffen, dass im Sommer ein neuer Lebensabschnitt beginnt, der auch gleich einen Wohnortwechsel beinhaltet. Es geht von Kaiserslautern nach Meisenheim. Dorthin, wo Tochter Christina lebt, die mit dem ehemaligen FCK-Spieler Marco Reich verheiratet ist. Der wiederum leitet dort einen Altenpflegedienst, den er nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung von seinem Stiefvater übernommen hat. Der ganze Stolz von Wolle Wittich ist dabei der 13-jährige Enkelsohn Ron, den längst auch das Fußballfieber gepackt hat. Man muss kein Orakel sein um sich ausmalen zu können, dass Opa Wolle wahrscheinlich der private Zeugwart, Trainer und fußballerische Ratgeber von Enkel Ron werden wird. Wer weiß, vielleicht schafft der Filius von Marco Reich unter Wolles Fittichen ja auch das was sein Papa mal erreicht hat.
Zum heutigen 65. Geburtstag wünscht die gesamte FCK-Familie und das Museumsteam alles Gute, viel Glück und gutes Gelingen bei den bald anstehenden neuen Herausforderungen.
mg