Foto: 1. FC Kaiserslautern
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Er war, ist und bleibt Teil unserer FCK-Familie

Nachruf auf den am 6. Februar 2022 verstorbenen Ronnie Hellström

09.02.2022

 

Wer in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren auf dem Betzenberg seine Westkurven-Sozialisierung durchlief, wurde schnell mit zahlreichen Ritualen vertraut. Dazu gehörten neben optischen Akzenten der schon damals kreativen und einfallsreichen Fanszene auch verbal-akustische Spezialitäten der „Marke Betzenberg“, die nicht alle die Jahre überlebten, wie beispielsweise das scharfzüngige Stakkato eines „allez hopp, allez hopp, allez hopp...“ vor jedem dem FCK zugesprochenen Eckball. Eines der damaligen Ruf-Rituale war in jenen Jahren jedoch auch eng mit einer bis heute bei den FCK-Fans verehrten Persönlichkeit verbunden. Schon wenn die Mannschaft zum Aufwärmen auf den Platz trabte, ertönte aus der Westkurve ein langgezogenes „Rooooonniiee, Rooooonniiee, Rooooonniiee…“ und verstummte erst dann, wenn Ronnie Hellström, der damalige Stammkeeper der Roten Teufel, auf dem Weg zu seinem Arbeitsort den akustischen Gruß mit einer lässigen Geste seiner Hand erwiderte. Eine Wiederholung des Ablaufs war beim Einlaufen vor dem Anpfiff garantiert, seine zahlreichen Paraden im Spiel sorgten für weitere gleichgeartete Bewunderungsrufe. Auch ohne gestenreiche Erwiderung.

 

Worte auf der einen, eine Geste auf der anderen Seite. Ein akustisch-optischer Brückenschlag zwischen Kurve und Sportsmann, die im Falle Ronnie Hellström stets nur Bestätigung für etwas waren, das für den sympathischen Schweden ohnehin selbstverständlich war. Er war nahbar, kam mit seiner ruhigen und besonnenen Art gut an in der Pfalz und bei den Fans. Vom ersten Tag an. Er war keiner, der je Star-Allüren an den Tag gelegt hätte. Ronnie Hellström hatte für die Fans stets ein offenes Ohr. Er passte mit seiner Bodenständigkeit, mit seiner Bescheidenheit und seiner warmherzigen und menschlichen Art auf den Betze und er selbst fühlte sich wohl in Kaiserslautern und in der Pfalz. „Mir gefällt die Gegend, mir gefallen die Leute – also bleibe ich hier“, sagte er einmal. Mit seinem freundlichen, sympathischen Wesen und mit seinen erstklassigen Leistungen lebte der Schwede als vorbildlicher Sportsmann die Werte und Tugenden vor, für die einst die Walter-Mannschaft des FCK so hohe Anerkennung gefunden hatte. So verwundert nicht, dass ihm die Ehre zuteilwurde, das Ende seiner Spielerkarriere mit einem Abschiedsspiel an seinem geliebten Betze zu feiern.

Foto: 1. FC Kaiserslautern
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Als Ronnie Hellström am 24. April 1984 bei einer genüsslich und gleichzeitig wehmütig zelebrierten Ehrenrunde nach seinem eigenen Abschiedsspiel zum letzten Mal als Akteur auf dem grünen Rasen den obligatorischen Sprechgesang entgegennahm, endete eine zehn Jahre währende sportliche Reise im Trikot des 1. FC Kaiserslautern. Eine Reise voller Emotionen, die unzählige Höhepunkte und natürlich auch zahlreiche Nackenschläge beinhaltete. Eine Reise, die so einzigartig und besonders war, dass ihm die Gralshüter des Deutschen Fußballs auf intensives Betreiben des damaligen FCK-Geschäftsführers Norbert Thines dieses letzte Spiel, sein Abschiedsspiel, gestatteten. Als erstem „Ausländer“ in der Fußball-Bundesliga. Den Statuten entsprechend hätte diese Tatsache für sich schon nicht erlaubt, ihm ein Abschiedsspiel zu gewähren. Auch hatte er mit seinen 77 Länderspielen im Trikot der schwedischen Nationalmannschaft tatsächlich drei Partien weniger auf der Haben-Seite, als es die Regularien zur Durchführung eines offiziellen Abschiedsspieles vorgesehen hatten. Sei’s drum! Ehre, wem Ehre gebührt!

 

Für die Fans, die damals live im Stadion dabei waren, war das Dabeisein schon Ehre genug. 35.000 waren an jenem Abend gekommen, um sich voller Dankbarkeit vor Ihrem Idol zu verneigen. Der FCK trat gegen eine mit Weltstars gespickte Mannschaft an. Benno Magnusson, Roland Sandberg, Hasse Borg, Conny Torstensson, Bosse Larson, Björn Nordvist, Björn Andersson, Kenta Ohlsson, Ove Kindvall, Klaus Toppmöller sowie die deutschen Weltmeister Paul Breitner, Franz Beckenbauer, Jürgen Grabowski, Wolfgang Overath und Sepp Maier streiften sich ein für den FCK-Gegner jenes Abends eigens aufgelegtes Sondertrikot über. Mit 7:4 gewann der FCK gegen das All-Star-Team. Ein für FCK-Ohren sogar magisches Ergebnis, wobei es an jenem Abend darauf ganz gewiss nicht angekommen war. Wer ein Ticket ergattert hatte, war gekommen, um Ronnie Hellström ein letztes Mal im Trikot des FCK in Aktion zu bewundern, seine Paraden noch einmal bewusst wahrzunehmen, ihren „fliegenden Wikinger“ ein letztes Mal von der Tribüne aus zu bejubeln. So mancher Tribünengast mag an jenem Abend das Stadion zu später Stunde in reichlich melancholischer Stimmung verlassen haben und auf dem Weg hinunter in die Stadt die Uhr im Geiste zehn Jahre zurückgestellt haben.

Foto: 1. FC Kaiserslautern
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Niemand konnte damals, im Frühjahr 1974 ahnen, welch ein glücklicher Tag es für den 1. FC Kaiserslautern werden sollte, als wenige Wochen vor Beginn des Weltmeisterschaftsturniers 1974 in Deutschland der damalige FCK-Präsident Willi Müller den Torhüter der schwedischen Nationalmannschaft, Ronnie Hellström, mit einem eigenhändig verfassten Vertrag für den 1. FC Kaiserslautern verpflichten konnte. Das Zeitdokument kann übrigens auch heute noch im FCK-Museum bestaunt werden. Nach der Weltmeisterschaft in Deutschland, vor allem nach dem denkwürdigen Spiel zwischen Deutschland und Schweden (4:2) in Düsseldorf, wussten alle Anhänger des 1. FCK, was für ein Weltklasse-Keeper in der neuen Saison zwischen den Pfosten des FCK-Tores stehen würde. Mit blitzschnellen Reaktionen und beherztem Herauslaufen vereitelte Hellström viele Chancen des DFB-Teams, das erst nach hartem Kampf in der zweiten Halbzeit die Oberhand gewinnen konnte. Aber auch die Trainer und Funktionäre anderer Vereine im In- und Ausland waren nachdrücklich auf Ronnie Hellström aufmerksam geworden und binnen kürzester Zeit verdoppelte und verdreifachte sich der Marktwert des schnauzbärtigen Schweden. FCK-Trainer Erich Ribbeck konnte sich mit seinem Präsidenten Müller und der großen FCK-Familie freuen, diesen großartigen Schlussmann für Kaiserslautern gewonnen zu haben.

 

Was zu diesem Zeitpunkt niemand ahnen konnte, ist die Tatsache, dass Ronnie Hellström sage und schreibe zehn Jahre lang die Nummer Eins im Tor des FCK bleiben und manches lukrative Angebot von Vereinen aus dem In- und dem Ausland ablehnen sollte. In 266 Bundesligaspielen war Ronnie Hellström der FCK-Mannschaft ein stets verlässlicher Rückhalt. Hinzu kommen noch zahlreiche Pokalspiele auf nationaler und internationaler Ebene – gekrönt von dem 5:0-Triumph über Real Madrid. In dieser legendären Begegnung vermochte Hellström sogar einen Elfmeter der Spanier zu vereiteln. Weniger glücklich verliefen die beiden Endspielteilnahmen um den DFB-Pokal mit Ronnie Hellström; 1976 gab es gegen den HSV und 1981 gegen Eintracht Frankfurt Niederlagen.

Foto: 1. FC Kaiserslautern
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Ronnie Hellström trat mit einer FCK-Mannschaft auf, deren damalige Besetzung bei den älteren FCK-Anhängern bis heute Wehmut auslöst. Klangvolle Namen wie Dietmar Schwager, Ernst Diehl, Hermann Bitz, Klaus Toppmöller, Fritz Fuchs, Hannes Riedl, Seppl Pirrung, Friedhelm Funkel, Hannes Bongartz, Hans-Peter Briegel, Lutz Eigendorf und nacheinander seine Freunde aus der schwedischen National-mannschaft Roland Sandberg, Benny Wendt und Torbjörn Nilsson zierten die damaligen Mannschaftsaufstellungen. 1979 und 1980 spielte der 1. FC Kaiserslautern unter Trainer Karl-Heinz Feldkamp in der Spitzengruppe der Bundesliga mit und erreichte jeweils den dritten Platz, in den beiden Folgejahren noch einmal jeweils einen achtbaren vierten Platz. Und Ronnie Hellström, der es auf stolze 77 Berufungen in die schwedische Nationalmannschaft gebracht hatte und 1971 und 1978 Schwedens „Fußballer des Jahres“ war, qualifizierte sich mit den „Blau-Gelben“ auch 1978 für die Teilnahme an der Weltmeisterschaft.

 

Die Fans des 1. FC Kaiserslautern hatten den immer freundlich und bescheiden auftretenden blonden Schweden schon bald ins Herz geschlossen. Das Ritual der lang gezogenen „Rooonniie“-Rufe aus der Westkurve wurde unverzichtbar und adelte auch spätere FCK-Keeper, allen voran Gerry Ehrmann, bei dem es der Nachname sein sollte, der in gleicher Weise von den Tribünen auf das grüne Spielfeld schwappte. Doch auch als Ronnie Hellström im Frühjahr 1984 zum Ende seiner aktiven Karriere auf dem Betzenberg mit dem erwähnten Abschiedsspiel würdig verabschiedet wurde, sollten seine Verbindung zum Verein, zu den Fans und zur Region noch lange nicht zu Ende sein. Zur großen Freude seiner Freunde und Bewunderer blieb Ronnie Hellström mit Kaiserslautern und mit dem FCK in Kontakt, besuchte immer einmal wieder Spiele seines früheren Clubs und nahm an Veranstaltungen im Stadion und im FCK-Museum teil. Dabei bleibt auch sein letzter Auftritt bei einer Museumsveranstaltung unvergesslich, als er sich im März 2019 zusammen mit seinem früheren Konkurrenten und engen Freund Sepp Stabel, mit Gerry Ehrmann und Lennart Grill zum Torwarttalk auf dem Betze einfand und die gut 300 Besucher auf eine Zeitreise mitnahm, die manchem an jenem Abend mehr als nur ein Schmunzeln abgewinnen konnten.

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Für die FCK-Familie war es ein schmerzhafter Schock, als vor wenigen Monaten öffentlich wurde, dass Ronnie Hellström unheilbar an Krebs erkrankt sei. Unzählige Genesungswünsche in allen Facetten traten ihre Reise nach Schweden an. Zu gerne wäre Ronnie Hellström noch einmal in die Pfalz und auf den Betzenberg gekommen. Selbstbekennend seine zweite Heimat, der er sich stets und bis zuletzt verbunden fühlte. Auch und vor allem der Betzenberg und seine Roten Teufel, die er gerne noch einmal hätte spielen sehen. Die Corona-Pandemie und zuletzt natürlich seine schwere Erkrankung, der er stets mit seinem unerschütterlichen Optimismus entgegengetreten war, verhinderten, dass sich ihm dieser Wunsch noch einmal erfüllte. Am vergangenen Sonntag, dem 6. Februar 2022, verlor Ronnie Hellström seinen Kampf gegen die Krebserkrankung und schlief im Kreise seiner Familie friedlich ein.

 

Wir werden Dich vermissen und Du wirst uns fehlen, Ronnie. Du und Deine fachliche Expertise, Deine Herzlichkeit, Dein Lachen und Dein so unverwechselbarer Akzent. Wir werden Dir im FCK-Museum ein ehrendes Andenken wahren.

 

hw / mg

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